Der innere Weg | Selbsterkenntnis

Gottverlassen

oder Gottverschmelzen?

Ein lieber Freund schreibt mir:

»Deine Bilder von unterwegs sind schön, aber es sieht dort ziemlich Gott verlassen aus. Du bist bewundernswert mutig….«

Mir ist bewusst, dass meine Art unterwegs zu sein und die Fotos die davon zeugen, bei vielen Menschen ein „Unwohlsein“ hervorruft. Die eigenen Gefühle von Einsamkeit und Verlassenheit werden dadurch aktiviert, und das fühlt sich unangenehm an.
Die Vorstellung, ganz alleine auf sich gestellt dem Nichts ausgesetzt zu sein, weckt Ängste.

Die Wortwahl: Gott verlassen, inspirierte mich zu diesem Bericht, denn diese Worte dringen zum Kern vor – um den es wirklich geht…

Grenzgebiet Serbien-Bulgarien

Die Gegenden, die ich bewusst aufsuche, sind eher Menschen verlassen – aber nicht Gott verlassen. Im Gegenteil!

Natur, Wildnis, Weite, Stille – hier kann man die Göttlichkeit, das Eins-Sein, wahrnehmen. Vorausgesetzt man ist bereit, seinen eigenen Ängsten, Glaubenssätzen, Mustern, Annahmen und Tarnungen zu begegnen – um diese dann zu überwinden.

Dass sie an die Oberfläche kommen ist sicher…, dafür sorgt hier die Einfachheit. Dann aber ist es wichtig was man tut – nämlich: NICHTS.

Es braucht eine lange Weile, damit es leer werden kann! Innen. 

Dies gilt es „auszuhalten“, ohne in Ablenkungen und Aktivitäten auszuweichen…. Man wird zum Beobachter und bleibt in dieser Perspektive. Alles geschehen lassen und nicht an den Gedanken oder Emotionen anhaften.

Hinter den Gedanken und Emotionen IST Stille!

In diese tiefe Stille hineingleiten. Dort wird jede Angst, jedes Leiden, ins Göttliche – das ICH BIN – integriert.

ES GIBT NICHTS GETRENNTES!

Weit, leicht und lichtdurchflutet…

Strymonischer Golf (Στρυμονικός κόλπος) 

Unser MenschSein zieht uns allerdings immer wieder zurück in die Illusion des GetrenntSeins.

Es ist Aufgabe jedes einzelnen, wie Achtsam und Aufmerksam er damit umgeht. Jeder hat seinen eigenen Weg zu meistern, dafür gibt es kein Patentrezept! Aber es macht den fundamentalen Unterschied, ob man schlafend dem Spiel der Illusionen folgt oder sich bewusst dem Tanz des Lebens hingibt, der für einen bestimmt ist!

Selbsterforschung ist das Werkzeug für den inneren Weg – zurück in die Tiefe des Ursprungs!

Zurück ins Göttliche…

Den Herzschlag des Lebens, das Göttliche in allem, nehme ich in der Natur deutlich wahr. Hier IST alles, ohne Bedingung, im Sein.

Dort wo viele Menschen sind, schnelle Geschäftigkeit, verantwortungslose Bequemlichkeit, maßloser Konsum – eben Ablenkungen in all ihren Varianten – fühle ich die Gottverlassenheit.

Aber nicht Gott hat die Menschen verlassen, sondern die Menschen haben sich vom Göttlichen abgewandt…. Dem Göttlichen, das sie als ihr wahres Selbst sind!

Sich selbst verloren in der Welt…

Vergessen, was wir wirklich sind, haben wir uns im Spiel der Welt verloren.
So ängstlich, so verunsichert, so perfektionistisch…
….eng, begrenzt, statisch!

Zu erkennen, dass es NICHTS ! zu erreichen gibt in diesem Weltlichen, ist ein Anfang zur Umkehr.

Mein UnterwegsSein im Unbekannten, findet sowohl im Innen wie im Außen statt. So verbinde ich beide „Welten“ in meinem Prozess der Selbsterforschung und Bewusstseinsöffnung.

Fremde Länder, unbekannte Kulturen, überraschende Begegnungen, führen zu unvorhersehbaren Herausforderungen. Es sind Einladungen, an die dunklen Orte des eigenen begrenzten Geistes zu reisen, um die Funde ans Licht des Gewahrseins zu bringen.

Ich sage nicht, dass diese Art ein Spaziergang ist. Und es ist weit entfernt von „Urlaub machen“. Es ist beschwerlich und erschöpfend, auch mit Situationen der Verzweiflung – aber es ist jede Mühe wert!

Ich gehe diesen Weg für das eine reine Sein – das ich bin.
In diese unverwortbaren Momente des Friedens….

Zeitlos.

Wortlos.

Formlos.

Serbien • Suva Planina Gebirge (Сува планина)

Eingetaucht und aufgelöst im Eins…

Die Vorstellung davon, kann manchem Angst machen – ich weiß.
Es ist die Ur-Angst vor dem Tod, wie man ihn in unserer Gesellschaft versteht. Und ja, diese Momente sind eine Art Sterben….
ein Sterben vom Ich und all seinen Vorstellungen.

Und vielleicht zum ersten Mal – würdest Du in so einem Moment der Unendlichkeit Dein wahres Selbst erfahren…

Heil werden ist nicht nur möglich, sondern notwendig.
Jeder ist Heiler seiner eigenen wahrgenommenen Verletzungen und erlebten Ungerechtigkeiten.
Selbsterforschung bringt Dich in Deine eigenen Tiefen. 

…und dann schreibt mein lieber Freund von Mut, den es braucht. 

Ja, es braucht auch Mut, alleine aufzubrechen, Bekanntes hinter sich zu lassen, ohne Begleitung und Beratung eigenverantwortlich zu entscheiden und zu handeln…. die Konsequenzen zu tragen.

Aber viel mehr Mut braucht es, sich seinen eigenen unbequemen (Un)Wahrheiten, immer wieder, zu stellen.
Geht man diesen Weg, im achtsamen Erkennen und Annehmen aller Gegebenheiten und Herausforderungen, dann kann dies auch ungeahnte Energien freisetzen, die dabei helfen, völlig neue Perspektiven zu öffnen…

Mut braucht es, aber viel tiefgreifender ist: Vertrauen!
Vertrauen ins GetragenSein.

Veränderung ist nicht immer leicht, aber sie ist ein Werkzeug, das jeder nutzen kann, um in die Tiefe zu wachsen – zum Ursprung des Wahren… 

Gottverschmelzen

Gottverschmelzen

Man starrt es an und sieht es trotzdem nicht,
es ist farblos.

Man lauscht ihm und doch hört man es nicht,
es ist lautlos.

Man erfasst es und kann es doch nicht festhalten,
es ist formlos.

Es ist in uns, wie auch in allem.
Es ist die Kraft, aus der heraus alles entsteht.
Die Kraft, die alles treibt, die alles entfaltet und wachsen lässt.
Es ist der lebendige, allverbundene Geist unserer Natur, 
in der das Äußere nur ein vergänglicher Schein,
das Innere zeitlos und ewig ist.

Laotse • Tao Te King

Kroatien • bei Tovarnik

Abendstimmung • Karpatho-Balkaniden 

Blick ins Kerkini Gebirge 

Wasser auffüllen im Serron-Tal

Ruhe, Stille, Frieden…

Gottverschmelzen

© 2024 - farblosblau | Carmen Berger